Dr. Helmut Zilk
* 9. Juni 1927 in Wien
† 24. Oktober 2008 ebenda
* 9. Juni 1927 in Wien
† 24. Oktober 2008 ebenda
Wortgewaltig und vielfältig: Zwei Begriffe charakterisieren das Leben von Helmut Zilk, der als unermüdlicher Vollblutpolitiker fast keinem Österreicher unbekannt ist.
Helmut Zilk wurde als Sohn eines böhmischen Zeitungsangestellten im 10. Wiener Gemeindebezirk Favoriten geboren. Zum liberalen Vater hatte er ein sehr gutes Verhältnis. Dieser wandte sich früh gegen den Nationalsozialismus. Er verbot seinem Sohn, bei den Werbern der Nationalsozialisten zu unterschreiben. Dies tat Helmut auch als Einziger seiner Klasse nicht.
1947 begann er als Volks- und dann Hauptschullehrer zu arbeiten.
1946 wurde er Mitglied des Sozialistischen Lehrerverbandes, 1950 trat er der SPÖ bei.
Er studierte Pädagogik, Germanistik, Psychologie und Philosophie. 1951 beendete er das Studium, 1955 legte er die Lehramtsprüfung ab.
Doch statt der Karriere in der Schule kam die Karriere im ORF. 1955 begann er als freier Mitarbeiter für Jugendsendungen, baute ab 1959 das Schulfernsehprogramm auf. Bekannt wurde Zilk als Ombudsmann. Seine "Stadtgespräche" und später "In eigener Sache" waren Straßenfeger.
Für sein "Auslandsecho" erhielt er 1966 als erster Österreicher die "Goldene Kamera". Unter Generalintendant Gerd Bacher war Zilk von 1967 bis 1974 Programmdirektor des
ORF, ehe er dann gemeinsam mit Bacher den ORF verließ.
Die journalistische Karriere setzte Zilk als Ombudsmann bei der "Kronen Zeitung" fort. 1979 begann dann die politische Laufbahn des ehemaligen Lehrers und Journalisten. Wiens Bürgermeister Leopold Gratz (SPÖ) machte ihn zum Kulturstadtrat.
1984 schließlich löste Zilk als Wiener Bürgermeister Gratz ab. Bei seiner Angelobung zum Bürgermeister am 10. September wurde deutlich, dass ihm "sein" Wien am Herzen liegt: "Ich liebe diese Stadt und auch die Wiener selbst."
Er selbst präsentierte sich bei jeder Gelegenheit: bei Eröffnungen, Einweihungen und sogar auf Fahrradständern. Ein besonderes Anliegen war ihm das Stadtbild. Die Bekleidung der Fiaker, das Orange der Müllabfuhr und die Plakatflut: Zilk mischte sich ein und mischte mit.
Ruhiger Gegenpol des Bürgermeisters im Rathaus war SPÖ-Landeschef Hans Mayr. Während dieser die enge Bindung an die Partei hatte, hatte Zilk die Freiheit, auch gegen die eigene Partei quer zu schießen: ob er Jörg Haider (BZÖ) "Lernfähigkeit" attestierte, seinen Katholizismus betonte oder SPÖ-Minister zum Rücktritt aufforderte.
Bei der Wahl 1991 rutschte die Wiener SPÖ erstmals unter die 50-Prozent-Marke. Eine schwere Niederlage musste Zilk bei der Volksbefragung zur EXPO hinnehmen. Die Wiener lehnten die Weltausstellung ab. 1994 löste Michael Häupl Zilk als Bürgermeister ab.
Auch seit seinem Rückzug als Bürgermeister blieb Zilk in den österreichischen Medien stets präsent. Er war bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, und pflegte seine etwas polternde Art. Geradezu legendär war in diesem Zusammenhang eine Pressekonferenz zum Thema Hundstrümmerln. Im Blickfeld der Öffentlichkeit blieb Zilk bis zuletzt als Moderator der aus dem Wiener Ringturm ausgestrahlten ORF-Talkshow „Lebenskünstler“ – vielleicht auch sein Lebensmotto.
Die Schattenseiten seiner hohen Popularität musste Zilk im Dezember 1993 kennen lernen. Eine Briefbombe zerfetzte ihm die linke Hand. Seither trug er die Hand in zur Krawatte passende Seide gehüllt. Und dennoch blieb Zilk immer optimistisch: "Man darf den Mut nicht verlieren, es gibt Furchtbareres, als ein paar Finger zu verlieren."
Seit 1978 war Zilk in dritter Ehe mit der Sängerin Dagmar Koller verheiratet.
Anlässlich seines 80. Geburtstages im Jahr 2007 sagte er in einem Interview mit der österreichischen Tageszeitung Kurier, was auf seinem Grabstein stehen sollte: "Nur Zilk. Der Name reicht. Denn es ist ja so: Professoren gibt's Hunderttausende, Direktoren und Hofräte gibt's ein paar zehntausend, aber Zilk gibt's, außer meinem Sohn und meinem Enkel, nur einen."
Am Freitag verstarb die graue Eminenz der Wiener Sozialdemokratie mit 81 Jahren im Wiener Wilhelminenspital. Er war bereits vor einiger Zeit aus seinem portugiesischen Feriendomizil zurückgekehrt und wegen einer Infektion ins Spital eingeliefert worden.
Was bleibt von Helmut Zilk?
Die Erinnerung an eine bunte Persönlichkeit in Politik und Medien, die Sinn für Qualität und Veränderung hatte.
Die Erinnerung an einen Politiker der alten Garde, der sein Herz meistens auf der Zunge trug, oftmals aneckte – aber auch gerade daher bewundert und geliebt wurde.
Zilk war anders.
"Österreich ist kein Nazi-Land, es ist kein Land des Antisemitismus. Es steht auch dem größten Verbrechen der Geschichte nicht gleichgültig gegenüber. Es ist vielleicht ein Land, in dem zu lange der Mantel des Schweigens über die verbrecherische Zeit des Holocaust gebreitet wurde, aber es ist auch ein Land, das 1945 ausnahmslos von Widerstandskämpfern und ehemaligen Häftlingen der Konzentrationslager gegründet wurde."
(Zilk bei der Eröffnung der Ausstellung "Vienna 1900" im New Yorker Museum of Modern Art Juli 1986).
Bei seiner Rückkehr ins Rathaus beschrieb Zilk seine verletzte Hand -
- "die eigentlich keine mehr ist, sondern ein golatschenartiges Etwas mit einigen Zipfeln dran."
"Schade, dass ich nicht sein Vater war."
Helmut Zilk fand am Sarg Falcos ergreifende Worte. (14. Februar 1998)
"Das ist etwas, was man mitnehmen kann und was länger hält als Blumen."
Zilk wählte 1988 eine Altwiener Blumenverkäuferin aus Augartenporzellan als Gastgeschenk für Papst Johannes Paul II.
Zilk 1986 zu Lady Di:
"Ich glaube, Prinzessin of Wales, Sie können schon jetzt abschätzen, auf welche außerordentliche Sympathie ihr Besuch in Österreich stößt. Sie sind jedenfalls die charmanteste Antwort auf Kaiserin Elisabeth seit mehr als einem Jahrhundert."
"Mach' keine Homepages mehr."
"Väterlicher Rat"an Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser.
"Die kriegen schon Schüttelfrost, wenn sie einander nur die Hand geben."
So beschrieb Zilk das Verhältnis zwischen SP-Chef Alfred Gusenbauer und dem damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (VP) nach der Nationalratswahl 2006.
"Wenn hier einer Asyl sucht und dann an Kinder Kokain verkauft, dann gehört er raus. Da bin ich Kronen Zeitung, das sag ich ganz ehrlich."
Helmut Zilk, der Ombudsmann.
„Tot ist nur, wer vergessen wird“
-Emanuel Kant-
1 Kommentare:
danke fräulein k.,
wortgewaltig und vielfältig besser könnte man Helmut Zilk nicht beschreiben..
mein aufrichtiges Beileid an seine Familie
stille Grüße
Rosa
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